An Old Friend

Es war noch früh am Morgen, als mich die Sonne in der Nase kitzelte. Ich musste von diesem Gefühl in der Nase auch prompt niesen und war somit um meinen Schlaf beraubt. Ich stand verschlafen auf und streckte mich herzhaft. Als ich einmal kräftig gähnte und dann nun wirklich wach war und mich umschaute, tauchte plötzlich ein mir vertrautes Gesicht vor meiner Nase auf. «Guten Morgen Schwesterchen!», grinste Jack. Ich bekam einen riesengroßen Schrecken und plumpste auf meine vier Buchstaben. «Ah! Was... was machst du denn bitte hier? Die Tür war doch zu. Woher hast du einen Schlüssel?» Ich war noch nicht recht auf der Höhe, deswegen sagte mir mein Verstand erst wenige Minuten später, dass ich ihm gestern den zweiten Hausschlüssel anvertraut hatte. «Sag mal, bist du so verpeilt oder tust du nur so? Du hast mir gestern deinen Zweitschlüssel anvertraut, schon vergessen?» Mein noch träges, halb schlafendes Gehirn machte Klick. «Ach stimmt ja. Das hatte ich total vergessen.» «Kannst du mal sehen», grinste er frech. «Steh mal auf, da unten ist es sicher nicht bequem. Ach ja, hier» Er drückte ihr ein paar Klamotten in den Arm und packte eine Angel und den passenden Hut darauf. «Beeil dich. Mach dich fertig, ich will mit dir angeln gehen. Ist schließlich gutes Wetter, oder nicht?» Ich wurde rot und starrte ihn an. «Sag mal, was fällt dir eigentlich ein, in meinem Kleiderschrank rumzuwühlen?» «Nichts für ungut, Schwesterherz, wir sind Geschwister, da brauchst du doch keine Angst haben!», lachte er und verschwand schnell im Wohnzimmer, während ich mich umzog. Ich taperte ins Bad, putzte mir die Zähne, kämmte mir die Haare und wusch mein Gesicht. Ich griff nach dem Hut und setzte ihn auf. Ein wenig ulkig sah es ja schon aus, aber ich ging schließlich nicht mit Jack auf einen Schönheitsball oder so was in der Art. Also watschelte ich wieder hinaus zu Jack. «Wir können los.» «Super!» Er stand auf und wir gingen hinaus zum Strand, der vielleicht grade mal fünf Schritte von meinem Haus entfernt war. Wir setzten uns und begannen zu angeln. Bei mir bissen selten welche an, während Jack einen Fisch nach dem anderen raus zog. «Wie machst du das bloß?», fragte ich völlig verblüfft. «Ich hab keine Ahnung. Scheint einfach mein Glückstag zu sein», lächelte er ihr zu. Da kam mir so im Stillen Denken eine Idee. «Sag mal Jack... wir haben doch schon lang unseren Opa nicht mehr gesehen. Stimmt's oder hab ich Recht? Hast du Lust, ihn zu besuchen? Wär das nicht mal was?» Jack legte den Kopf schief. «Hm... also... wieso nicht? Kann ja nicht schaden.» Er nickte und gegen Nachmittag räumten wir unser Angelzeugs weg und machten uns fertig. Am Haven standen zwei Schiffe. Ein weißes und ein rosanes. Aus Erfahrung lehnten wir das rosane ab und blickten auf das andere. Wir nahmen das andere Schiff und fuhren nach Heela Town. Von dort aus nahmen wir ein Taxi und fuhren runter nach Halunzia. Wir fuhren nah am Mt. Ganath vorbei, dem höchsten Berg von Atlantis. Er sah schon atemberaubend aus. Auf dem Berg befand sich eine Lava quelle, was ihn dann schon fast zu einem Vulkan machen könnte. Legenden zufolge soll sich dort oben auch ein Feuertempel befinden, den bisher aber wohl niemand jemals zu Gesicht bekommen hat. Ansonsten waren ringsherum nur Bäume. Auch kamen wir am versteckten Friedhof vorbei, der inmitten des Waldes lag. Ein kleiner, schauriger, aber doch sehr ruhiger Friedhof, um den sich wohl keiner mehr gekümmert hat seit Jahren. Ich schwelgte in meinen Gedanken und merkte nicht, dass wir bereits in Halunzia angekommen waren. Irgendwann riss mich Jack's ungeduldige Stimme aus meiner Melancholie. «Isi, wir sind da! Worauf wartest du eigentlich? Willst du hier Wurzeln schlagen?» Ich blinzelte ein wenig verwirrt, stieg dann aber aus dem Taxi aus und ging mit Jack weiter unseres eigentlichen Weges. Es war nicht weit weg. Vorbei am Parlament, wo Politiker heiße Reden schwingen, Dinge abgestimmt werden und so weiter. Wir sahen die Schmiede, etliche Wohnhäuser und irgendwann dann kamen wir an. Es war ein schönes und großes Haus. Wir klingelten. Es brauchte einige Zeit, bis sich was tat. Doch irgendwann öffnete sich schließlich die Tür. Doch nicht unser Opa schaute zur Tür hinaus, nein. Es war ein Junge, der mir doch irgendwoher bekannt vor kam und Jack wohl auch, wie ich an seinem verdutzten Gesichtsausdruck erkennen konnte. «Erhm... euch kenn ich doch irgendwoher!» Der Junge blinzelte und blickte von mir, rüber zu Jack und zurück zu mir. «Ah! Natürlich! Wie konnte ich so dumm sein! Isi? Jack? Richtig? Herzlich Willkommen in unserem bescheidenen Heim!» Er ging auf uns zu und drückte uns beide. «Ah... ja... danke! Wir freuen uns auch, dich zu sehen. Erhm... wer bist du noch mal?», fragte Jack zögerlich. «Kennt ihr mich nicht mehr? Na ja, ist ja auch verständlich. Hamm uns ja auch ne Ewigkeit nicht gesehen. Ich bin's, Flean, der Bruder von Steffen, euer Cousin. Na, macht es in euren kleinen Köpfen da oben Klick?», lächelte er uns an. Ja, bei mir machte es tatsächlich Klick, besser gesagt bei uns. Wir lächelten und nickten eifrig. Dann bat er uns auch schon herein. «Opa? Wir haben Besuch.» Aus dem Schatten kam jemand auf uns zu und es sah irgendwie gruselig aus. Wie unser Opa wohl nun aussehen würde? Alt und zerfallen? Mit Tonnen von Falten im Gesicht, ausgefallenem Haar und megalangem Bart? Ich bekam bei meinen Vorstellungen eine Gänsehaut. Als dann Licht auf die Gestalt fiel, machte ich große Augen. «Opa Raichi? Du?» Er sah gar nicht so alt aus, wie er eigentlich war. Er sah sogar noch ziemlich jung aus. Na ja, so jung nun auch wieder nicht. Er lächelte. «Meine Enkelkinder Jack und Isi. Dass ich das noch erleben darf. Kommt her an meine Brust.» Und wieder mussten wir eine Knuddelattacke über uns ergehen lassen. Wir setzten uns. «Wie komm ich zu solch einem netten Besuch?» «Na ja», fing ich an. «Wir haben dich schon so lange nicht mehr gesehen und bekamen ein klein wenig Sehnsucht. Wir waren neugierig, was du so machst.» «Genau», stimmte Jack mit ein. «Und wie ich sehe, hast du dich kaum verändert.» «Ach, nun komm, jetzt schmeichelst du mir aber, Jack» lachte Raichi. «Und was macht Flean hier?», mischte ich mich wieder mit ein. «Na ja, ich hatte wohl dieselbe Idee. Nur vor schon längerer Zeit und bin hier eingezogen, da Opa immer so allein ist. Nun, war doch ne gute Idee, oder was?» «Natürlich, prima! Absolut spitze! Genial! Wie zuvorkommend!» «Isi, ist gut, du übertreibst es», meinte Jack und unterbrach mich somit in meiner völlig sinnlosen Lobeshymne. Er tätschelte mir den Kopf und grinste. Ich wurde rot und schämte mich ein wenig für mein Abdriften. Wir redeten noch stundenlang und irgendwann merkten wir, dass es bereits Abend war. «Ach apropos, wo wir gerade beim Thema sind. Wo sind denn eure restlichen Geschwister?» "Keine Ahnung, die haben wir mal ausnahmsweise nicht aufgraben können. Ich denke mir, Malon ist wieder Extrem-Shopping. Jack sieht das schon als Sportart an. Und Zelos, das weiß ich selbst nicht so genau. Und Sanna hat sicher wieder irgendeinen Film am Drehen.» Ich spannte die Schultern an und seufzte. «Wir können halt nicht immer alle beieinander sein», bemerkte Jack lächelnd. «Da hast du allerdings Recht.» Ich nickte und schaute zur Uhr «Oh verdammt, wir sollten schleunigst mal los!» Auch Jack schaute zur Uhr. «Stimmt. Tut uns Leid, dass wir schon gehen wollen.» «Ach, das macht doch nichts», schmunzelte Raichi. Er ging auf uns zu und drückte uns beiden noch einen dicken Kuss auf die Wange. «Macht's gut und kommt mich bald mal wieder besuchen», grinste er uns an. Wir lächelten gezwungen und gingen hinaus zur Tür. Flean winkte uns noch hinterher, bis wir schließlich verschwanden und ein Taxi zurücknahmen. «Ah, das hätte aber echt nicht sein müssen», grummelte ich und rieb mir die Backe. Jack lachte nur. «Das ist halt eben typisch unser Opa. Der hat sich wirklich kein Deut verändert.» Ich nickte und lehnte mich zurück. Irgendwie war ich k.o. Warum auch immer. Ich schaute aus dem Fenster und beobachtete, wie der Mond hinaufstieg. Er stand über dem Berg. Es sah wunderschön aus, wie er da so hinab strahlte und leichte Silhouetten warf. Für einen kurzen Moment glaubte ich, ein Gebäude zu sehen, aber das hielt ich letztendlich doch nur für eine Täuschung. Meine Augen wurden immer schwerer und ich schlief ein. Jack musste mich wohl aus dem Taxi getragen und in sein Bett gelegt haben, denn am nächsten Morgen wachte ich bei ihm auf. Ich stand verschlafen auf und schlürfte ins Wohnzimmer. Dort lag Jack, friedlich schlafend auf der Couch, seinen Träumen nachjagend. Ich blieb in der Tür stehen, lehnte den Kopf gegen den Türrahmen und lächelte. Wieder mal was erlebt, dachte ich mir und zog mich um.
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